Mittwoch, 13. November 2024

„Nachtrag“ zu Sovjet Jeans

Ich habe ja geschrieben, dass ich nach dem Film „Soviet Jeans" unglaublich Lust auf eine Overlock-Maschine hatte. Nun gibt es endlich eine Overlock im Haushalt. Freue mich total.

Gestern Abend haben wir uns übrigens den Film „Nonkonform" angesehen. Heute sind es die „Andersson Brothers".

Montag, 11. November 2024

Meine Meinung zu „Long Good Thursday“

Genre: Spielfilm aus Finnland
Empfehlung: Unbedingt ein sehr schöner Film, zum entspannen und Kraft schöpfen.

Inhalt: Mielensäpahoittaja, der von allen nur Grump genannt wird, weil er recht wortkarg und grummelig ist, soll ins Altersheim. Anders als seine Söhne, findet er diese Idee gar nicht gut. In seinem grummeligen Alltag trifft er im Supermarkt die zauberhafte Saimi. Saimi ist Künstlerin, wohnt in einem alten Schulhaus und duftet ganz wunderbar nach Kettenöl, Pinienrinde, Sägemehl und ein bisschen Schweiss. Sie hatte eine kluge, bodenständige Tochter, die bei der Polizei arbeitet und einen kleinen, netten Bekanntenkreis. Saimi arbeitet immer an irgendetwas, Fotos, Skulpturen, Malerei. Langsam erwachen in Grump, die Lebensgeister und Saimi und Grump unternehmen eine schöne Reise mit einem alten Motorrad, lernen auch ein schmerzhaftes Missverständnis zu überwinden und planen die nächste Reise.

In Finnland ist Mielensäpahoittaja aka Grump ist eine sehr erfolgreiche und beliebte Filmfigur. Es ist nicht sein erstes Abenteuer, dass hier auf den Filmtagen gezeigt wird. Und auch ich verliebe mich in den Kosmos von Grump. Grump selber hat seine Rituale und Eigenarten, die er pflegt und liebt. Zum Beispiel ißt er ausgesprochen gerne Kartoffel mit Hackfleisch und trinkt gerne Sauermilch. Und als Saimi ein kleines Geburtstagsessen für ihn veranstaltet, bekommt er das auch ganz selbstverständlich … obwohl Saimi ein schönes Risotto gekocht hat und den guten Wein auf den Tisch stellt. Es sind diese Details, die den Film so liebenswert machen. Dass die Details eben sehr so sorgfältig ausgearbeitet sind. Dass die Menschen sich langsam entwickeln dürfen. Einfach so sein dürfen, wie sie sind. Was ich Saimi allerdings sehr früh übelnehme, ist ihr aufdringliches Fotografieren. Das führt ja dann auch zum Konflikt, den die beiden überwinden.

Was ich auch sehr mochte, war die Ausstattung des Films. Selten ist es in diesem Film aufgeräumt oder ordentlich - und die Unordnung ist höchst attraktiv. Überall liegt etwas rum, überall gibt es etwas zu schauen. Es dürfen sich nicht nur die Menschen, sondern auch die Dinge ausbreiten. Gerade das Maß, wo man es sich immer noch gemütlich machen kann ohne etwas wegräumen zu müssen. In diese Ausstattung passen auch die tollen Kostüme sehr, sehr gut. Die gigantische Fellmütze von Grump, die enganliegenden Kleidung mit modischen Retro-Vibes von Grumps Söhnen und die wunderbare Kleidung von Saimi. Saimi trägt sowieso tolle und bequeme Kleidung. Ein paar ihrer Outfits habe ich mir notiert. Nie sah jemand in Gummistiefel und Latzhose attraktiver aus.

Den Film kann man bis zum Ende der Woche im finnischen Originalton mit englischen Untertiteln streamen. Er kostet 8 Euro und muss dann innerhalb von 48 Stunden angesehen werden. Und in der Kategorie „Spielfilm" ist das mein Favorit. Das Weltgeschehen ist gerade sehr anstrengend und komplex. Da ist es gut auch mal bewusst aufzutanken. Dieser Film macht Spass und gibt Energie.

Regisseur ist Mika Kaurismäki, der ältere Bruder des international bekannteren Aki Kaurismäki. In der Q&A erinnert mich Mika Kaurismäki an die Figur des Grump.
Auf die Frage: "Wie ist es zur Zusammenarbeit zwischen Regisseur und dem Darsteller des Grump gekommen ist?", heisst es: „Wir haben vorher schon mal einen Film gemacht und dann telefoniert". Punkt. Auf die Publikumsfrage: „Was an diesem Film ist besonders finnisch?" Antwort er: „Alles." Punkt. Die Darstellerin der Saimi, Jaana Saarinen, ist hingegen auch im wahren Leben sehr lebendig.

Szene, die mir in Erinnerung geblieben ist:
Wieder so ein Detail. Grump mit den Söhnen bei der Besichtigung im Altersheim. Die Söhne: „Siehst du, hier gibt es auch Kartoffel zum Mittag. Du isst doch so gerne Kartoffeln". Währenddessen sieht man, wie im Hintergrund grosse Menge Kartoffelpüree aus einem Plastiksack in das Gefäß auf dem Buffet gedrückt werden.

Trailer zu  „Long good Thursday"( englische Untertitel einschalten ;-))

Hier geht es zum Stream bis Ende der Woche: https://online.nordische-filmtage.de/de/movies/28879

Sonntag, 10. November 2024

Weiter gehts per Stream

Die Filmschaffenden verlassen Lübeck wieder. Die Filmtage in den Kinos sind zu Ende. Aber einen Woche können wir noch streamen (und bloggen). Das werden wir nutzen 😊😊😊

Meine Meinung zu "The day Iceland stood still"


https://krummafilms.com/wp-content/uploads/2024/01/dagurinn-sem-island-stodvadist-plakat.jpg

Genre: Dokumentarfilm. Dieser Film hat den Preis für den besten Dokumentarfilm gewonnen

Empfehlung: unbedingt ansehen und damit rechnen, dass man nach dem Film wütend, traurig oder motiviert ist.

Inhalt: Island am 24. Oktober 1975. 90% Aller isländischen Frauen legen ihre Arbeit nieder und damit ist nicht nur die Arbeit als zuniedrig enlohnte Angestellte gemeint, sondern wirklich alle Arbeit. Als Hausfrau, als Sekretärin, als Bäuerin, als Bäckerin, in der Redaktion und in der Bank überall legten die Frauen ihre Arbeit nieder. Im Dokumentarfilm erzählen die Frauen sehr lebendig darüber wie ihr Leben vor diesem Tag, wie es danach war und wie sie ihren Protest organisierten.

Ich bin danach ziemlich fertig und traurig. Island ist das Land mit den besten Bedingungen für Frauen ganz einfach, weil sie teilhaben können und gleichberechtigt sind. Und mir wird schlagartig bewusst, wie meilenweit wir in Deutschland weg sind, - von "Männer und Frauen sind gleichberechtigt", in Deutschland Artikel 3 des Grundgesetzes.

Ich sehe einen Film von 1975 und habe das Gefühl wir haben riesige Rückschritte gemacht. Nur ein Beispiel: Spreche ich mit Gendersternchen um die weibliche und männlich Form auszudrücken, dann kann ich sicher sein, dass irgendjemand in der Nähe sagt, dass er oder sie das nicht braucht. Auch im entfernteren Bekanntenkreis. Scheissegal was ich sonst sage - Hauptsache die Beschwerde über das Gendersternchen kommt an. Benutzt du Gendersternchen, bist du sofort in der Welt, die Söders niederträchtiger Hetze aufgebaut hat.

Oder all die Scheisse, die ich schon auf der Arbeit erlebt habe. Zum Beispiel in einer Multimediaagentur: Ich hatte mal ein Projekt auf dem Tisch, da sollte eine App steuern, wo ein Freier seine nächste Sexarbeiterin findet. Es sollten ausdrücklich freiarbeitende Frauen in diese App "integriert" und überwacht werden. Widerlich war das. Widerlich. Das Projekt habe ich verweigert, ich wollte es auch meinem Team nicht zumuten. Es musste zurückgegeben werden, kostet natürlich. Worauf der Vertriebschef, der das Projekt angeschleppt hat, mir eine Mail schrieb, ich solle doch jetzt mal eine Mail für ihn schreiben, in denen ich die Argumente aufzähle, warum die Agentur das Projekt nicht umsetzt. Auch die Mail habe ich verweigert. Nicht ein einiziger aus der Führungsriege hat sich bei mir entschuldigt, nicht einer. Ein IT-Projekt mit Zuhältern als Kunden. Und es brauchte mich Hansel um zu sagen, "Nein".

Als der Film zu Ende ist, muss ich weinen. Die Islandischen Frauen beschreiben, wie toll es war diese Massen von Frauen aus allen Strassen kommen zu sehen. Wie unglaublich selten ist das so - Frauen in Massen. Ich muss nur die Nachrichten sehen und immer wenn ich Menschenmassen sehe sind es Männer und zwar die von der Scheisssorte, die aggressiven, toxischen, ganz selten die loyale, die hilfsbereiten, die liebevollen Männer, ganz selten, die die an meiner Seite sind und viel zu oft, die die nichts kennen ausser Ihrem Ego. Warum bewegt sich die Welt rückwärts? Ich bin traurig.

Szene, die mir im Gedächtnis bleibt: Aðalheiður Bjarnfreðsdóttir, eine kluge Frau aus recht armen Verhältnissen, vier Schuljahre waren ihr vergönnt. Sie hält die erste Rede. Wird später Abgeordnete und sitzt bis 1991 im isländischen Parlament.

Trailer zu The day Iceland stood still

Und hier kann man ein Ticket für den Film kaufen und ihn noch bis zum 17.11. streamen https://online.nordische-filmtage.de/de/movies/30983

Kino mit Hindernissen

Unser letzter Kinofilm ist wieder Im Koki. Das Lübeck eine alte Stadt ist hat man sicher an vielen Fotos schon gesehen. Das Koki bietet nochmal eine besondere Herausforderung - die zweite Stufe von unten ist sehr viel höher als die anderen. Was bin ich diese Stufe schon hoch- oder runtergestolpert. Ernsthaft verletzt habe ich mich zum Glück nie.

Meine Meinung zu "Lübeck in alten Amateurfilmen 1929–1963"

Genre: Amateurfilme
Empfehlung: Ja, spannend

Inhalt:
Mit „Lübeck in alten Amateurfilmen 1929–1963“ haben wir uns gestern auf etwas eingelassen, dass ich oft vermeide: Amateurfilm. Oft kann ich Amateurfilmen eben nur kurz zu schauen, weil sie ja auch mehr als Erinnerung gemacht sind. Wir sind im ersten Teil „Lübeck von 1926-1963“ und haben das Glück, dass ein echter Film-Nerd (C. Cay Wesnigk) sich der Amateurfilme angenommen hat.  

Wir sehen Amateurfilme von Bernhard Dräger, Unternehmer, dem der Ruf vorausgeht, exzellente technische Geräte herzustellen, von Paul und Josephine Gunkel, die eine Margarine-Fabrikation besassen, Herrmann Hennings, ein Amateur - Chronist Lübecks und der Bürsten-Fabrikant Harald Olie.

Was ich an den Amateurfilmen in dieser Vorführung so spannend finde, sind die Kommentierungen von Cay Wesnigk.

In den 1920er Jahren hebt er den Alltag der Menschen hervor, die in den Filmen gezeigt werden. Prinz Heinrich besucht Bernhard Dräger auf dem Segelboot. Und oft werden die Ehefrauen beim Fahren des neues Automobils gezeigt. Trotzdem ist in den frühen Filmen erstaunlich, wie viele Pferdewagen und viele von Menschen gezogene Gefährte es noch gibt. Ein Stadtjubiläum wird mit einem unglaublich aufwändigen und sehr modern wirkendem Umzug wird gefilmt. Badeurlaub. Das Leben in den 20ern wirkt sehr lebendig.



Dann kommen die Filme der Nazizeit. Harald Olie filmt vor allem seine neue  Bürstenfabrik. Er hat sie 1938, für einen Bruchteil des echten Werts erbeutet. Albert Asch, der Vorbesitzer jüdischen Glaubens, flüchtete wenige Tage zuvor im Gefängnis in den Freitod. Olie wiederum filmt die Mobilmachung, die militärischen Übungen und er filmt später - verbotener Weise - das zerstörte Lübeck. Nach dem Krieg  kommen Aschs Ehefrau und Kinder nach Lübeck zurück. Einer der Söhne wird als Prokurist in der ehemaligen Firma des Vaters angestellt. Mir macht das mehr als ein mulmiges Gefühl (Das Buch 
Hirschfeld, Asch und Blumenthal...: Jüdische Firmen und jüdisches Wirtschaftsleben in Lübeck 1920-1938. Blüte, Enteignung, "Wiedergutmachung" gibt vielleicht Aufschluss) Wesnigk deutet es als gutes Zeichen, er fand Olie „eigentlich“ immer ganz nett fand, natürlich ist er sich auch der Umstände bewusst unter denen Olie an die Fabrik von Asch kam. Aber nicht nur Olie, auch Hennings filmt die brennende Altstadt Lübecks im März 1942. Als Hennings den Einsturz der Marienkirche filmt, stöhnen viele ältere Lübecker*innen im Saal auf. 


Es gibt Aufnahmen von Josephine Gunkel, die von ihren Tagebucheinträgen begleitet werden: „Dahin ist es mit der Meinungsfreiheit. …. und wieder wird der Hass gesät, eine Schande, die Jugend von frühen Jahren an mit diesem Hass zu füllen“. 1938 sieht man Josephine Gunkel bei einer Schneeballschlacht mit ihrer Tochter. Durch das Tagebuch wird klar, erst einen Tag davor, ist sie aus dem Gefängnis der Gestapo aus einer 4-wöchigen Haft entlassen worden. Ein Brief von ihr wurde abgefangen. Sie stand in Korrespondenz zu mehreren jüdischen Studenten. Einem riet sie in London zu bleiben, da die Situation in Deutschland immer schwieriger für jüdische Menschen wurde. Sehr berührend die Aufnahmen.

Hennings Aufnahmen hingegen zeigen unter anderem eine wirklich feuchtfröhliche Silvesterfeier 1945/46, die Freude, dass man überlebt hat, ist spürbar. Unglaublich wo Hennings den vielen Rotwein und die Leckereien her hat. Cay Wesnigks Familie, aus dem Osten geflüchtet, litt zur selben Zeit bitteren Hunger.

Das Ende der Amateurfilme bildet dann eine Stadtjubiläum 1963 mit einem ähnlichen Umzug wie 1926. Nur wirkt der Umzug diesmal recht träge, die Modernität von 1926 fehlt ihm. Nur die Gruppe der Darsteller der Karl-May-Festspiele ist toll: Winnetou und seine Anänger verweigern sich den Pferden und fahren auf Vespa-Rollern im Umzug mit. 



Szene, die mir in Erinnerung geblieben ist: Josephine Gunkel spielt mit ihrer Tochter im Schnee, einen Tag nach einer 4-wöchigen Haft in einem Gestapo-Gefängnis.

https://nordische-filmtage.de/de/festival/movie/view/1216


Etwas angeschlagen

Heute haben wir wieder einen längeren Tag im Kino.
Die Filmtage sind dann „halb" beendet. Kinos besuchen ist nicht mehr, aber es darf gestreamt werden.
Bin leider ein bisschen angeschlagen. Und so hab' ich gestern Nacht geschlafen statt zu bloggen.
betzt sitzten wir in unserem ersten Film. Ein Kinderfilm 😃

Weg zum Kino

Heute nehmen wir wieder einen anderen Weg ins Kino. Wir laufen am Krähenteich entlang und sehen diesmal das Akkreditierungsbüro aka Altstadtbad von hinten. Da wo die Stege sind und die kleine Saunahütte auf dem See, da ist es.

Samstag, 9. November 2024

Echter Film-Nerd

Gerade waren wir in einem Zusammenschnitt von Amateurfilmen die Lübeck von 1926 - 1963 zeigen. Das war sehr berührend. Filmarchivar C.Cay Wesnigk ist ein echter Film-Nerd. Noch während der Einlass läuft und während der offizielle Moderator sich noch sortiert, schnappt er sich das Mikrofon und und erzählt - über Kameras, Filme, über Hobbyfilmer, die dokumentieren und solche die Szenen inszenieren, über das Drama im Schnittraum, wenn man sich entscheiden muss was weg bleibt.

Er hat selber eine alte Kamera mit gebracht, führt die Geräusche vor und gibt alte Filmrollen rum. Unmittelbar vor uns inspizieren zwei Besucher die Bilder der Rolle, wieder eine Reihe davor halten sie gerade einen Behälter für eine Filmrolle in der Hand.

Das war wirklich toll.

Kaffeepause

Kleine Kaffeepause zwischen zwei Filmen.

Q&A mit Kati Outinen zu „Juha“



Die Hommage-Sektion in diesem Jahr geht an Kati Outinen aus Finnland. Sie ist in vielen Kaurismäki-Filmen die Hauptdarstellerin. Gerade haben wir einen Schwarz-Weiss Stummfilm aus dem Jahr 1998 „Juha" gesehen.

Kati Outinen ist zur Q&A da. …. Und trägt übrigens einen tollen Upcycling-Jeansrock. (Eines der wenigen Materialien bei dem Upcyling fast immer toll wird.)

Kati Outinen erzählt spannend von den Filmarbeiten: Auch wenn es sich um einen Stummfilm handelt - das Skript enthielt sehr viele Dialoge. Ein französischer Schauspieler war in großer Sorgen. Letztendlich hat er dann während der stummen, aber sichtbares Dialog auf finnisch gezählt.

Und zuerst stand hier übrigens die Musik und dann der Film.

Spannend auch, dass manche dramatische Schatten gar nicht ausgeleuchtet wurden, sondern aufgemalt wurden. Gemerkt hat man das nicht.

Kati Outinen erzählt auch, dass das Set besonders bunt war. Ein reines Weiss wirkt einfach nicht gut in einem schwarz-weiss Film, erklärt sie. Und so waren die Kostüme und die Requisite voll mit Pink, zitronengelb, tiefem Blau und anderen Farbtönen.

Nun geht zu Mittag in das Museumscafe neben der Synagoge.

Immer noch „The End

Wir sitzen schon wieder im Kino (4Filme heute) und Reden immer noch über „The End". Im Abspann des Films wird die Musik immer brüchiger, nur die Geigen säuseln weiter. Steve meint die Geigen stehen für die Lügen und die brüchigen Bläser stehen für die Realität, die immer mehr verblasst und verzerrt und immer leiser und weniger erkennbar wird. Ich sehe denke es ist genau anders rum. Die Geigen stehen für Sehnsüchte, die trotz Verdrängung und Lüge immer wieder auftauchen und die verzerrten Bläser stehen für die Lügen, die schon für den Sohn und die junge Frau nicht mehr als Lüge erkennbar sind.

Akkreditierungsbüro

Gleich hinter dem alten Turmhaus kommen wir am Akkreditierungsbüro vorbei. Das Büro liegt in den Gebäuden einer alten Badeanstalt, die mittlerweile nicht nur zum Baden, sondern auch für viele Veranstaltungen genutzt wird. Im Februar findet hier immer die Eiswette statt, bei der geschätzt wird wie viele Menschen an einem bestimmen Tag im Februar im Krähenteich baden.

Weg zum Kino

Heute nutzen wir die Strasse „an der Mauer", um zum Kino zu kommen. Ausser einer Mauer hat diese Strasse die Besonderheit, dass ein Fachwerkhaus in einen Rundturm gebaut ist. Sehr romantisch.

Meine Meinung zu „The End“

Genre: Dystopische Endzeit - Musical, der Mann sagt: ein intellektueller Film
Empfehlung: Ich weiss nicht, …. was war das?

Inhalt: In „The End" ist die Erde … am Ende … unbewohnbar. Die Menschen haben sie zerstört. Eine kleine elitäre Familie hat sich mit ein paar Bediensteten in eine weitläufige Bunkerlandschaft unter der Erde geflüchtet. Alles ist gut organisiert und sie leben dort ihr elitäres Leben weiter und versuchen alles Irritierende zu verdrängen. Der Sohn in den Mitzwanzigern hat die Erde nie kennengelernt, er wurde im Bunker geboren.
Plötzlich taucht eine junge Frau im Bunkersystem auf. Ihre Anwesenheit bringt Unruhe in diese Und-täglich-grüßt-das-Murmeltier-Welt. Der Sohn hingegen verliebt sich in die junge Frau. Die junge Frau stellt Fragen, fühlt sich in der Schuld ihrer eigenen Herkunftsfamilie und kommt nur schwer mit den Mechanismen der Verdrängung und des Lügens in diesem kleinen wohlhabenden Kreis klar. Immer wieder durchbricht sie sich den Gleichklang der Lüge und Verdrängung in welchem die Familie lebt. Am Ende jedoch wird die Liebe zum Sohn ihre Falle. Der Sohn und die junge Frau werden ein Paar und auch Eltern. Und ganz zum Schluss singen die junge Frau und die Mutter ihre „together we will have a bright future"-Lüge in die Gänge des Bunkersystems. Es gibt kein Entrinnen. Auch Sie fügt sich dem Leben voller Lügen, Verdrängung und Schuld.

Also das ist auf jeden Fall ein Film, über den man lange reden kann. Er beginnt mit dem klassischen „The End" und endet auch mit dem gleichen klassischen „The End". Gleich nach dem Vorspann sehe ich die schönsten Gemälde von Monet, Degas und Renoir und weiss gleichzeitig, dass ich den ganzen Film über keinen Himmel sehen werden.
Kaum fängt die Geschichte an, wird schon gesungen. Nicht schön, sondern so wie du und ich auch singen würden, wenn wir uns richtig doll Mühe geben. Die Musiknummern bilden einen seltsamen Kontrast. Die Musik berührt mich, weil mich Musik immer berührt, egal welche Richtung. … Und dann wieder dieser Alltag voller Beherrschung und Regelhaftigkeit.

Ich ertappe mich mehrmals, wie ich mich beobachte, wie ich diesen Film gucke. Stellenweise ist er sogar ermüdend … und trotzdem. Ich überlege im Film, wie die Personen heissen, bin mir sicher, dass sie Namen haben, nur um im Abspann festzustellen, dass sie Vater, Mutter, Sohn und Mädchen heissen. Und immer wieder sind sie mit Lügen und Verdrängung beschäftigt. Warum ist die Familie des Vaters, der Mutter nicht mit im Bunker, warum hat man sie umkommen lassen? War die Mutter wirklich im Bolschoi - Ballett? Hätte der Vater etwas am Zusammenbruch des Klimas ändern können?

Als wir den Film später besprechen kommt zu erst die These auf, dass es eigentlich um Familien geht, die eine Burg bilden, niemand hineinlassen und in einer Welt voller Lügen leben. Keiner sagt die Wahrheit, denn das würde die Familie zusammenbrechen lassen. Später denken wir, es geht um Gesellschaften, Länder die mit Lügen leben. Der Regisseur hat mit „The Art of Killing" eine Film gedreht über politisch motivierte Massenmorde und über Täter, die sich ihrer Schuld nicht stellen. Täter, die die schrecklichsten Dinge getan haben und dann mit Lügen weiterleben. In „The End" wird gezeigt wie schwer es ist, diese Lügen zu durchbrechen. Käme die Wahrheit ans Licht wäre sie zu grotesk und würde alles zerstören.
Die Figur der jungen Frau bringt den Impuls, vielleicht doch mal ein paar Gedanken an die Wahrheit zu verlieren. Aber sie kann sich nicht durchsetzen, die Lüge sitzt zu fest und irgendwann ist die Frau integriert in das Lügennetz und kann sich nicht mehr lösen.

Szene, die mir in Erinnerung gebleiben ist: So viele - all die ruhigen Fahrten durch die Bunkerwelt oder die Wohnung voll gehängt mit den schönsten Bildern oder manche Bilder in denen sich Mutter und Sohn soooo ähnlich sind.
 

Trailer zu „The End"

Freitag, 8. November 2024

Klärungsbedarf

Wir sitzen im nui mit der schönsten Wandlampe ever und müssen dringend über den letzten Film reden: Ein dystopisches Endzeit-Musical mit Tilda Swinton. Was war das denn. Regisseur ist joshua Oppenheimer, der bisher durch seine herausragenden Dokumentarfilme „The Act of Killing" und „The Look of Silence" bekannt ist. Die Verwirrung fing mit dem ersten Bild an. Der Film heißt „The End" und es fühlt sich sonderbar an, wenn ein Film mit einem Dunklen Bildschirm beginnt, darauf die Worte „The End".

Harry Potter Apotheke

Wir sind in der Altstadt unterwegs und laufen an unserer Liebingsapotheke vorbei: Die Löwen-Apotheke, die ein Schaufenster ganz liebevoll als Harry-Potter-Zaubertrank -Labor eingerichtet hat.

Weg zum Kino

Und auch so kann der Weg zum Kino in Lübeck aussehen. Unser Kino liegt gleich hinten an der Brücke und wir genießen die kurze Strecke mit der Herbststimmung.

Abends unterwegs

Und so sieht es aus, wenn man abends in Lübeck unterwegs zum Kino ist. Sehr anders als in Berlin.
Ganz links übrigens der christliche Verein Junger Männer CVJM, der regelmäßig gute Open-Mic-Musikabende veranstaltet.

Q@A von „Soviet Jeans“


In der q@a zu der Serie Soviet Jeans sind die Moderatorin und Hauptdarstellerin stillsicher gekleidet - einmal im 70er Look und einmal in Jeans 😃

Meine Meinung zu „Unmoored“

Genre: Spielfilm
Empfehlung:
Nicht mein Fall

Inhalt:

Magnus, der Ehemann der erfolgreiche Fernsehmoderatorin Maria, wird der Vergewaltigung angeklagt und bestreitet die Tat. Maria und Magnus nehmen sich eine lange Auszeit ausserhalb ihrer Heimat, um dem Medienrummel zu entgehen. Maria glaubt Magnus, bis er, bei der Besichtigung eines alten polnischen Bunkers, in einem Streit die Tat zugibt. Voller Wut und Enttäuschung rennt Maria aus dem Bunker, wirft die Tür zu, fährt weg und beginnt ihre Auszeit in England - nicht in Marocco - wo es ursprünglich hingehen sollte.

Lange bleibt unklar, wie es Magnus, der ohne Handy im Bunker bleibt, weiter ergangen ist.

Als Maria dann nach Schweden zurückfährt und als sie die Nachricht von einer nicht identifizierbaren Leiche aus einem einsamen Bunker an der Ostsee liest, da beschliesst sie, Magnus Verschwinden auf der Rostock-Trelleborg-Fähre vorzutäuschen.

Diese Meldung führt dazu, dass die Polizei auf Marias Fährte kommt. Und Ende.

Was mich am Film wirklich gestört hat, waren einige sehr unrealistische Plot-Twits. Maria, wird als taffe Moderatorin gezeichnet. Dass sie so derartig den Kopf verliert, ist unglaubwürdig. Sie geht unmittelbar nach dem Streit zur Polizei um einen Vorfall anzuzeigen, tut es dann aber doch nicht, weil sie a) die Sprache der Polizei nicht spricht und b) weil dort keine Hund erlaubt sind, so dass sie mit dem Hund nach draussen latscht und auf dem Weg aus dem Polizeirevier - zack - eine andere Strategie verfolgt. Google Translate, Hund anleinen - alles keine Optionen? Auch das Schreiben von Emails in Magnus Namen und das Vortäuschen von Magnus Verschwinden - mmh, so doof stellt sich niemand an. Und wo hat sie diese vielen tollen Rollkragen - Pulli her, die Steppjacken und derben Schuhe, wo doch der Kofferraum ursprünglich für Marocco gepackt ist?

Was mir trotzdem gefallen hat, war die Riesenleinwand, die Englands Landschaft wunderschön präsentiert hat. Sobald es möglich ist, möchte ich mal wieder einen Urlaub in so schöner Umgebung verbringen. Ich wollte sofort hin. Auch das Spiel der Hauptdarstellerin hat mir sehr gefallen. Schade, dass der Plot so unglaubwürdig war.

Szene, die mir in Erinnerung gebleiben ist: Die Moderatorin mit ihrer Maskenbildnerin in der Gardrobe. Ihre Maskenbildnerin tut so viel mehr für sie als nur Make-up und Haare richten.

Trailer zu "Unmoored", der einen viel zu aufregenden Film verspricht.

Meine Meinung zu "Soviet Jeans"

Genre: Serie
Empfehlung: Unbedingt ansehen, wenn euch diese Serie irgendwo über den Weg läuft.

Inhalt: Ende der siebziger Jahre - zu einer Zeit, als in der UdSSR heftigste Propaganda gegen die westliche Kultur betrieben wurde - gründete ein begeisterter Rockmusikfan in einer psychiatrischen Klinik in Lettland eine erfolgreiche und illegale Jeansfabrik im Untergrund.

Gleich unser erster Film heute sind 3 Serien der 8-teiligen Serie. Zwischendurch gibt es einen Erzählservice. Die 3 Stunden sind viel zu schnell um und eigentlich bin ich reif die Serie gleich zu bingen. Jede einzelne Figur ist so liebevoll gezeichnet. Renārs, der in einer Theaterwerkstatt Kostüme schneidert und irgendwann aus politischen Gründen in der Nervenanstalt landet ist so voller Leben. Und das ist der grosse Kontrast in der Serie. Die einzelnen Figuren voller Leben und Lachen und dann bricht immer wieder das brutale und rigide russische System der 70er über die Protagonisten herein. Das sind dann die Momente, wo mir die Freude am Film im Halse stecken bleibt. Das Spitzeln, die Gängelung, dieses Gleichschalten das ist wirklich fürchterlich. Woran ich meine besonders große Freude hatte war allerdings die Austattung. Kostüme und Requisite waren wirklich toll und mit viel Liebe zum Detail erstellt. Ausserdem habe ich nach dem Film sofort gedacht: Ich  brauche eine Overlock - Nähmaschine. Ich wollte auch Jeans nähen.

Szene, die in Erinnerung bleibt: Anete, die Frau des korrupten Anstaltsleiters, ist gerade mit Westwaren reich beschenkt worden. In ihrer neuen Jeans legt, sie einen erotischen Tanz für ihren Liebsten hin, in welchen sie dann auch noch den neuen Handmixer sexy integriert.

Trailer zu "Soviet Jeans"

Donnerstag, 7. November 2024

Nordic Tango

Ähnlich wie bei der Berlinale startet auch bei den Nordischen Filmtage jeder Film mit einer Festival - Animation und einer Erkennungsmelodie. Bei der Berlinale ist des der Bär, vor Feuerwerk. Hier in Lübeck ist es eine kleine Animation mit mäandernden Sterne an einem Winterhimmel (das stelle ich mir jedenfalls vor) Dazu spielt der Nordic Tango. Das ist eine schöne melancholische Melodie, die ihr hier (mit einem alten Logo) hören könnt.

Nordic Tango

 

 

Erster langer Kinotag

Auf dem Weg zu unserem ersten Film heute kommen wir an Lübecks schönem Marktplatz vorbei.


Eingang zum Koki

Heute ist der erste lange Kinotag. Auf dem Plan ist eine Serie und zwei Spielfilme. Die Serie beginnt im Koki- Kino. Das Kino wird mit viel Liebe vom Förderverein Kommunales Kino Lübeck e.V. betrieben und zeigt sonst vor allem Film, die nicht mit grosser Kopieanzahl und riesigem Marketingbudget starten. 

Wir sehen dort eine Serie die in den 70er Jahren in Litauen spielt. (Ein Dissident, der politisch motiviert, in eine Nervenheilanstalt kommt, baut dort eine Produktion für Jeans auf) Später dann geht es in die Stadthalle zu einer Literaturverfilmung von Hakan Nesser und abends dann eine wortkarge, finnische Dramödie über den alten Brubbelkopf Grump.

Scheinwelten

 Zum Start des Filmfest gestern bekommen wir Besuch von Andi. Natürlich fällt auch die Frage, ob wir den Wahlsieg von Trump in Amerika verkraften haben. So schnell geht’s bei mir zumindest nicht. Erst muss ich für mich immer beschreiben, was gerade ist: Angesichts einer unsicheren Weltlage, haben sich in Amerika viele Menschen sehr bewusst für einen Rückzug in eine Scheinwelt voller Pomp und Lügen, voller Hass und Hetze entschieden. Make Amerika hate again.

Heute morgen dann wache ich auf und lese über den Bruch der Ampelkoalition. Viel schneller als bei der US-Wahl habe ich ein eignes Gefühl dazu: „Wie gut, dass wir diese gelbe Knallcharge los sind.“ Lindner hat mir oft spontante Übelkeit bescherrt. So ist mein erstes Gefühl dazu. Aber auch hier überlege ich erstmal was ist. Bis zu Neuwahlen sind wir dann also in einer Minderheitsregierung. Für die Durchsetzung von Mehrheiten müssen nun Allianzen gebildet werden. In einem demokratischen Sinne ist das nicht das Schlimmste. Würden allerdings jetzt Neuwahlen angesetzt werden, dann wäre die CDU die stärkste Partei, die AFD die zweitstärkste ("Grusel") und die FDP wäre draussen. Wenn es nach mir ginge, dürften jetzt erstmal ein paar liegen gebliebene Aufgaben erledigt werden.

Die letzten 24 Stunden waren schon ganz schön wild. Und wie immer, tut es mir gut das Handy beiseite zu legen und selber nachzudenken. Irgendwie war es auch sehr erleichternd mit unserem Besuch in eine ganz andere Scheinwelt abzutauchen, die des Nordischen Filmfests.

Besuch bei Nosferatu

Nach dem ersten Film besuchen wir noch Nosferatu. Er hat sein Quartier im Salzspeicher beim Holstentor bezogen. Dort ist er vor etlichen Jahren eingezogen als Murau vor über 100 Jahren den Filmklassiker drehte. Zum Filmfest darf Nosferatu also wieder Quartier beziehen und er beobachtet von dort ganz in Ruhe seine nächsten Opfer.

Nur ein einziges Fenster leuchtet hell.



 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



 Aber wie er da sitzt und schaut, das seht ihr hier: Nosferatu am Fenster