Samstag, 9. Februar 2019

Meine Meinung zu „Say Amen, Somebody“


Genre: Der Film ist aus dem Jahr 1982 und wurde digital überholt. Es ist ein Dokumentarfilm über zentrale Figuren des Gospel und die Geschichte des Gospel.

Kostprobe: Auf youtube ist sicherlich der Trailer zu dem Film, wenn nicht sogar der ganze Film zu finden. Auf Vimeo gibt es jedoch eine Ausschnitt, den ich besser finde als den Trailer. Hier ist der Link Kostprobe von Say Amen, Somebody

Vor dem Film war ich dem Gospel freundlich zugeneigt, nach dem Film bin ich irritiert. Das liegt mit Sicherheit auch daran, dass er keine Untertitel hat und das Englisch selbst für Steve nicht einfach ist. Wahrscheinlich habe ich das eine oder andere nicht richtig verstanden und mir meine eigene Wirklichkeit aufgrund der Bilder interpretiert.
Der Film ist übrigens auch ein grandioser Dokumentarfilm über bunte Kleider aus Polyester - Chiffon, ebenso bunte Anzüge aus Trevia-Gabardine und unglaublich große, skurril geformt Brillen.
Es wird sehr viel und sehr gut gesungen und es geht immer um Jesus und die Erleuchtung und Halleluja und irgendwann im Film geht mir das gegen den Strich.

Die zentralen Figuren des Gospel über die berichtet wird sind Willie Mae Ford Smith und Thomas A. Dorsey. Während ich den Film so sehe, erlebe ich die beiden Hauptperson als sehr dominant und sehr missionarisch.
Beide mussten in ihrem Leben viel um ihre Position kämpfen und darum, sich entwickeln zu dürfen. Besonders bei Willie Mae Ford Smith habe ich den Eindruck, dass sie noch mehr gekonnt hätte. Ihre grosse, reife Stimme und die ewige kleine, kindliche Blüte in ihrem Haar wirken auf mich wie ein Gegensatz.

Ich erfahre etwas über die erzkonservative, frauenfeindliche Atmosphäre der einiger Baptist Gemeinden. So überlegt ein Ehemann einer Spitzensängerin, ob es denn okay ist, der Frau die kurze Reise nach Europa zu gestatten. Nur mal so, diese Reise ist der Herzenswunsch seiner Liebsten, die während der Unterhaltung am Herd steht und Frühstück macht.
Der Enkel von Willie Mae Ford Smith ist zum Beispiel der Meinung, Frauen sollten nicht predigen dürfen ... und noch mehr vorsintflutliches Verhalten. Wirklich haarsträubend.
Ich habe etwas gegen dieses „Jesus macht dich frei" ... und dein Ehemann darf entscheiden, ob du verreisen darfst. Schrecklich.

Dann sehe ich Bertha Smith, eine Tochter von Willie Mae Ford Smith, die dreimal so alt aussieht, als einzige im Film nur noch drei Zähne hat und sehr kurz vorgestellt wird.
Nach dieser kurzen Vorstellung sehe ich Bertha Smith in vielen Szenen, immer im Hintergrund, fast immer mit Sonnenbrille, auch in der Kirche, auch in der Wohnung. Bertha in der Messe beim Gottesdienst, in der zweiten Reihe ganz aussen, der Rest der Familie inkl. der Geschwister in der ersten Reihe. Bertha beim Familienmittagessen, vier sitzen und essen. Bertha serviert. Immer wirkt Bertha beherrscht als wenn sie der Mission nicht ganz glaubt.
Später frage ich den Regisseur nach der Beziehung zwischen Willie Mae Ford Smith und Bertha Smith. (... da hat der Regisseur schon lange über diese wunderbare Menschen im Gospel berichtet und dass diese zu Freunden wurden. ) Seine Antwort: „Oh Bertha ... sie ist adoptiert. Sie ist vollständig in die Familie integriert und ein vollwertiges Mitglied der Familie." und er wiederholt nochmal "Sie ist adoptiert."

Ich denke an Chris, die im Berlinale Palast den Film „Grace a dieux" sieht ... über Missbrauch in der Kirche. Und ich denke daran, dass Kirche, dieses geschlossene System, das ideale Milieu bietet, um Menschen und auch den Gospel klein zuhalten. Wie gut dass es den Soul gibt :-)