Samstag, 20. Februar 2016

Essen als Stress

"Ants on a Shrimp" ist aus meiner Sicht ein Dokumentarfilm über einen subtil-agierenden Küchendiktator, der etwas leitet, was manche Menschen als das beste Restaurant der Welt beschreiben.
Mein Sicht: Der Mann hat sicher Ahnung wie von Aromen, Zubereitungsarten, Konsistenzen, Planzen usw. von Genuss hat er höchstwahrscheinlich keine Ahnung.

Wir begleiten im Film den Umzug des Restaurants "Noma" von Kopenhagen nach Tokyo. Rene Redzepi, der Küchenchef des "Noma" ist bekannt für eine Küche, die radikal an Ort und Zeit gebunden ist. (Beispiel: Da es in Dänemark keine Zitronen gibt, hat er sich auf die Suche nach einer anderen säuregebenden Essenz gemacht. Gefunden hat er sie in den Waldameisen.)
In Japan bereitet das Kernteam des "Noma" schon seid längerem ein 14-gängiges Menü vor, als Redzepi 2 Wochen vor der Eröffnung in Tokyo eintrifft und erstmal alle erarbeiteten Ergebnisse als billige Kopien aus Dänemark verwirft. Ich höre im gesamten Film nie einen Widerspruch oder eine Nachfrage der Mitarbeiter in Richtung Chef. Was kreativ ist und was nicht bestimmt nur einer.
Das Menü selbst: Für die Gäste soll es mit einem "Schock" beginnen. Und Redzepi stellt fest, dass die Garnele lebendig serviert werden muss, nur so behält sie angeblich die Aromen.
Die Dokumentation gipfelt in der Eröffnung des Restaurants und man beobachtet die Mannschaft beim Empfang und Verzehr einer riesigen Ladung Red Bull.

Nach dem Film sind der Mann und ich spontan verschreckt vom Herstellungsprozess des Menüs. Der Respekt vor "dem besten Restaurant der Welt" ist verschwunden. Die Neugierde ist Enttäuschung gewichen. Keiner von uns beiden möchte ein Mahl essen, dass in so stressiger Atmosphäre entstanden ist.

Schockierend wie klaglos dieser Arbeitswelt als "okay" angenommen wird, mit dem einzigen Argument, dass nur so Exzellenz erreicht werden kann.

Wer Essen UND Kochen liebt dem sein ein anderer Film und Koch empfohlen: "How to cook your Life" über Ed Brown