Montag, 22. Februar 2016

Zum Gewinner des Goldenen Bären - Fuocoammare

Den Film, der den Goldenen Bären gewonnen hat, habe ich nicht gesehen.
Ganz grob beschreibt er wohl die Gleichzeitigkeit der Ereignisse von Menschen, die auf Lampedusa leben, Flüchtlingen, die versuchen Europa zu erreichen und Flüchtlinge, die diese Reise nicht überleben. Die alles tut er auf sehr berührende, respektvolle Weise. 

Ich denke täglich an die Veränderungen, die im Zuge der Flüchtlingskrise in meinem Alltag entstehen. Meine Wirklichkeit zu diesem Thema sieht zur Zeit so aus: 
  • durch H. habe ich von der Kiron Universität erfahren. Sie hat mir diese Initiative nahegelegt, die damit umgeht, dass junge Flüchtlinge zwischen dem Stellen eines Asylantrags und dem jahrelangen Warten auf 'ok' eine Perspektive entwicklen.
  • Über M. höre ich, wie anstrengend die ehrenamtliche Arbeit z.B. bei der Essensausgabe ist. Eines ihrer Gefühl scheint zu sein, dass sie sich vom Staat ausgenutzt fühlt.
  • E. und ihr Mann habe zwei junge syrische Brüder in die Familie aufgenommen. 
  • Von meinem Arbeitsplatz sehe ich auf eine Zeltstadt für Geflüchtete. Diese ist vollbelegt, den gesamten Winter über.
  • Meine eigene winzige Unterstützung im Rahmen der Bremer Flüchtlingsarbeit ist schwer aufrecht zu halten. 
  • K. ist Ansprechpartnerin und Bezugsperson für eine geflüchtete Frau. Sie tastet sich langsam vor, um zu prüfen, was sie leisten kann. 
  • C. ist die einzige in meinem weiteren Umfeld, die von amtlicher Seite aus die Flüchtlinge betreut. In der Berliner Verwaltung ist sie eingesetzt. Ich nehme sie als sehr rechts wahr, sie redet abfällig über alle Menschen, mit Migrationshintergrund. Ihren Einsatz in der Flüchtlingshilfe halte ich für eine große Katastrophe.
  • Eine meiner Kolleginnen in Bremen gibt regelmäßig Deutschstunden in der Zeltstadt. Ehrenamtlich.
  • Ich lese eine Mail, in der die Vorfälle aus der Kölner Sylvesternacht als "Hintern tätscheln" bezeichnet werden, dass die Aufregung nicht verdient. Dieser Kommentar kommt aus weiter Ferne von jemand, der weit weg von Deutschland war.
  • In den Nachrichten höre ich, dass der Betreiber des Flüchtlingsheim ins Clausnitz, regelmäßig auf AfD Veranstaltungen auftritt.
  • In meinem öffentlichen Alltag hören ich oft Sätze, die beginnen mit: "Ich bin weiß Gott nicht rechts / ausländerfendlich ... ". Etwas ist falsch, wenn man das erst erklären und darauf hinweisen muss, weil es ohne Erklärung missverständlich wäre.
So sieht mein Alltag zu dieser Thematik zur Zeit aus. Und mir fällt das Zitat von Umberto Eco ein, das ich in der Tagesschau gehört habe: "Wer tolerant sein will, muss die Grenzen dessen, was nicht tolerierbar ist, festlegen."